Feedbackkultur

4 Wege, um mit Widerständen produktiv umzugehen

Das größte Risiko für die Entwicklung eurer Feedbackkultur ist nicht, wenn du auf Widerstände stößt.

Das größte Risiko ist, wenn du resignierst.

Wie vermeidest du, dass du resignierst und aufgibst?

Dazu hilft es, wenn wir uns genauer anschauen, wie Resignation entsteht: Wenn das, was dich im Hinblick auf eine gewünschte Veränderung deiner Organisation zurückhält oder zweifeln lässt, größer ist, als das, was dich motiviert.

Der Einfachheit halber nenne ich die Faktoren, die dich zurück halten "Bremspedal" und die Faktoren, die dich antreiben, "Gaspedal". 

Das heißt: Resignation = Bremspedal > Gaspedal.

Umgekehrt: Wenn Bremspedal und Gaspedal ungefähr gleich stark sind, dann bist du wahrscheinlich frustriert bis ratlos.

Und wenn das Gaspedal stärker ist als das Bremspedal, dann bist du zuversichtlich und motiviert.

Erfolgreiche Veränderung = Bremspedal < Gaspedal

Wie schafft man es, dass das Gaspedal stärker als das Bremspedal ist?

Dazu ist es hilfreich zu verstehen, dass es bei beiden Pedalen eine individuelle Ebene und eine organisationale Ebene gibt.

Dein inneres Bremspedal drückt sich aus in Stimmen wie: Ich kann das nicht. Ich hab dafür nicht die fachliche Kompetenz. Ich hab dafür keinen offiziellen Auftrag in der Organisation. Ich hab dafür nicht das entsprechende Standing.

Das organisationale Bremspedal drückt sich in Stimmen aus wie: Wir haben für so etwas keine Zeit. Wir müssen uns gerade auf's Operative konzentrieren. Wir haben keine Zeit für Nabelschau. Wir haben doch schon so viel zu Feedback gemacht (und es hat nicht so viel gebracht). Ich sehe kein realistisches Verbesserungspotential. Beim Gedanken daran, dass wir all die Elefanten im Raum ansprechen wird mir mulmig.

Dein inneres Gaspedal sagt Sätze wie: Ich seh da einen Mehrwert für uns. Ich will, dass wir uns gegenseitig zu einer besseren Arbeit anspornen und verantwortlich halten. Ich will offenere, ehrlichere Gespräche. Ich hab Lust auf eine offenere Gesprächskultur und mehr Empathie untereinander. Mich nervt, dass wir so viel Eiertanz haben. Ich will, dass wir zusammen auf einem höheren Level performen.

Das organisationale Gaspedal drückt sich in Kolleg:innen-Stimmen aus wie: 
"Schon wieder hat mein:e Kolleg:in im entscheidenden Meeting den Mund nicht aufgemacht." 
"Alle wissen, dass Person X keinen gescheiten Job macht, aber niemand traut sich, es anzusprechen."
"In der Umsetzung unserer Strategie knirscht's."
"Wir müssen im nächsten Quartal zu Feedbackkultur arbeiten."
"Wir sollten mehr miteinander als übereinander reden."
"Wenn wir unseren Purpose ernst nehmen, ist es wichtig, dass wir uns auch trauen, fachliche Kritik zu üben, und daran gemeinsam zu wachsen."

Um Resignation zu vermeiden, hast du also 4 Pedale, die du bewegen kannst. 

  1. Du kannst dran arbeiten, deine eigenen Zweifel und Widerstände zu verringern. (Inneres Bremspedal)
  2. Du kannst daran arbeiten, die Zweifel und Widerstände in deiner Organisation konstruktiv aufzunehmen und aufzulösen. (Organisations-Bremspedal)
  3. Du kannst daran arbeiten, deine eigenen Fähigkeiten und deine Zuversicht zu stärken. (Inneres Gaspedal)
  4. Und du kannst daran arbeiten, dass der Frust deiner Organisation über mangelnde Feedbackkultur in einen Verbesserungsvorschlag kanalisiert wird, der auf Zuversicht und Zustimmung stößt. (Organisations-Gaspedal)

Wie geht das konkret?

1. Such dir ein Pilot-Team

Der sicherste Weg, um dafür zu sorgen, dass dein inneres Bremspedal irgendwann eine Vollbremsung hinlegt, ist Einzelkämpfertum.

Alleine gehst du bei Kulturveränderung garantiert unter: Die organisationalen Bremspedale türmen sich auf, und irgendwann bist du erschlagen von all den Dingen, die nicht zu gehen scheinen, dass dein inneres Bremspedal komplett durchdrückt und du blind wirst dafür, wo es in der Organisation auch Gaspedale gibt.

Das zentrale Gegenmittel dafür ist, dir möglichst früh ein Pilot-Team zu suchen.

Dieses Team ist meistens erstmal eine informelle Keimzelle für eine Verbesserung der Feedbackkultur. Das heißt, es kann komplett ohne offiziellen Auftrag oder Freigabe der Organisation starten.

Du suchst dir einfach 1-3 Menschen, von denen du einerseits glaubst, dass sie Lust haben, am Feedback-Thema zu arbeiten, und bei denen du auf die Zusammenarbeit Lust hast.

Wenn das Menschen sind, die in der Organisation formal oder informell Einfluss zu dem Thema haben: Super! Wenn nicht, auch voll in Ordnung! (Einer eurer ersten Schritte kann dann sein, zu überlegen, wie ihr an die Personen mit dem entsprechenden Einfluss heran tretet.)

Am besten sprichst oder rufst du diese Personen einzeln an und lädst sie zu einem gemeinsamen Mittagessen oder Zoom-Call ein.

Dann gehst du mit ihnen die Kerninhalte des Mini-Kurses "Knack den Feedback-Code" durch: Ihr besprecht die 7 Säulen einer Happy High Performance Feedbackkultur (aus Modul 3 im Mini-Kurs) und schätzt gemeinsam ein, wo ihr eure Organisation auf den 7 Säulen verorten würdet.

Und dann überlegt ihr, was ein sinnvoller nächster Schritt sein kann. Zum Beispiel gemeinsam den Mini-Kurs durchzuarbeiten, oder die Masterclass für Feedbackkultur-Architekt:innen.
Oder den Implementation-1-Pager aus dem Mini-Kurs gemeinsam auszuarbeiten.
Oder eine passende Person aus eurem Führungskreis oder der HR-Abteilung anzusprechen.

2. Macht eure Annahmen explizit & überprüft sie

Das Perfide am inneren Bremspedal ist, dass es oft gedrückt ist, ohne dass man es mitbekommt.
Man hat unhinterfragte Annahmen darüber, wie Veränderung in der Organisation zu funktionieren hat, und diese schränken einen ein, und sorgen für ein Grundrauschen an Zweifeln.

Solche Annahmen sind zu Beispiel:

  • "Ich muss für Veränderung immer zuerst mit dem Mindset der Leute anfangen"
  • "Ich darf als Führungskraft nichts vorschreiben"
  • "Ich muss zuerst von der gesamten GL-Runde ein Go kriegen, erst dann darf ich anfangen, mich damit zu beschäftigen."
  • "Kolleg:in X werd ich eh nie davon überzeugt bekommen, dass es Sinn macht, sich mit dem Thema zu beschäftigen."
  • "Ich hab keine offizielle Rolle dazu. Wenn ich tiefer gehend mit dem Thema beschäftige, dann trete ich anderen auf die Füße und handele mir Konflikte ein."

Diese Annahmen kommen einem selbst so selbstverständlich vor, dass man garnicht auf die Idee kommt, dass es anders sein könnte. Man war zu lange im Raum ohne zu lüften, und merkt nicht wie stickig es geworden ist.

Aber es kann in den meisten Fällen auch anders sein!
Man kann oft auch ohne Go der GL-Runde anfangen, sich tiefer mit dem Feedback-Thema auseinander zu setzen!
Man muss nicht immer mit dem Mindset der Leute anfangen, man kann auch mit Struktur oder mit strategischen Leitlinien anfangen!
Man darf sich auch in konsensorientierten Organisationen als Führungskraft trauen, einen Rahmen vorzugeben – gerade wenn das dem gemeinsamen Sinn und Zweck der Organisation dient!

Im Pilot-Team könnt ihr euch gegenseitig auf solche unhinterfragten Grundannahmen aufmerksam machen. Könnt sammeln, was eure Grundannahmen sind, und sie gemeinsam neugierig und ergebnisoffen überprüfen.
Das verringert die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Opfer eurer eigenen blinden Flecke werdet. Und ihr nehmt damit den Fuß vom inneren Bremspedal.

3. Plant Antworten auf Skepsis

Eine weitere wertvolle Aufgabe für das Pilot-Team ist, sich proaktiv zu überlegen, was die unterschiedlichen Stimmen von Widerstand und Skepsis aus der Organisation sein werden und sich darauf hilfreiche Antworten zu überlegen.

Stellt euch konkrete Dialog-Situationen vor mit jeweils einem Gegenüber, das einen Widerstand oder Skepsis ausdrückt. Überlegt euch, was die Spannungen des Gegenübers sind und stellt im Gespräch die Aspekte in eurem Vorhaben voran, die diese Spannungen lösen.  

(Spannung kann hier alles heißen: Von "Problemen in der Organisation, die mein Gegenüber drängend findet" oder "Visionen dafür, wie es besser sein könnte im Team" bis hin zu "Dinge, die mein Gegenüber persönlich belasten.")

Wenn du dein Gegenüber kennst als jemanden, der immer wieder betont, wieviel er zu tun hat, und dass er beim besten Willen nicht weiß, wie er zusätzliche Termine im Kalender unterbringen soll...  

... dann wirst du die Aspekte voranstellen, wie eine bessere Feedbackkultur ihm relativ rasch Zeit spart, weil er weniger Fehler von Kolleg:innen auffangen muss. Und dass sie es mittelfristig ermöglicht, dass sich Kolleg:innen in Aufgabenfelder hinein entwickeln können, die ihn entlasten.

Wenn du dein Gegenüber kennst als jemand, die immer wieder genervt ist von Team-Runden, wo um den heißen Brei herum geredet wird, und die das Vorhaben, Feedback-Meetings zu etablieren, so versteht, dass das eine weitere dieser "heiße Luft"-Runden wird...  

... dann wirst du sehr früh im Vorstellen deines Vorhabens dazu sagen, dass die Intention dieser Meetings nicht ist, sich mit Wattebäuschchen zu bewerfen – sondern dass die Meetings so strukturiert sind, dass möglichst direkt und ehrlich die relevanten Themen auf den Tisch kommen; dass man diese Themen aber auf eine Art und Weise bespricht, dass man nicht mit Verletzungen rausgeht, sondern die Dinge wirklich klärt. Und dass die Lösungen die man damit findet, erfahrungsgemäß deutlich tragfähiger sind, und man damit im Nachgang deutlich weniger Umsetzungsprobleme hat.

Und wenn dein Gegenüber dir sagt: "Oh je, wird das jetzt die nächste Methoden-Sau, die hier durch's Dorf getrieben wird?"...  

... dann kannst du einerseits rückspiegeln, wie wichtig dir ist, dass das eine langfristige und dauerhafte Veränderung ist, die auch stabil bleibt, wenn es zwischendurch Krisenmomente gibt. Und du kannst darlegen, was euer Vorgehen ist, wie ihr auch das langfristige Commitment der Führungsebene zu dieser Veränderung organisiert.

Am besten setzt ihr euch im Pilot-Team dazu zusammen und tragt zusammen, wer höchstwahrscheinlich die Skepsis-Träger:innen in eurer Organisation sein werden.

Ihr sammelt: Was ist ihnen jeweils wichtig, und was sind die guten Gründe für ihre Skepsis? Und sammelt dann inhaltliche Punkte oder Argumente aus eurem Vorhaben, die diese guten Gründe ernst nehmen und berücksichtigen.

Wenn ihr dann merkt: "Oh, da müssen wir noch etwas an unserem Vorhaben anpassen, damit die guten Gründe für diese Skepsis berücksichtigt werden", dann passt ihr das Vorhaben vielleicht entsprechend an und habt damit schonmal einen möglichen Auslöser für Widerstände im Team – und für Resignation bei euch – vermieden.

Wie du mit Widerständen umgehst, die in einem direkten persönlichen Gespräch auftreten, gäbe es auch noch einige weitere Tipps, die sprengen aber hier den Rahmen. Wirklich fundiert und auf den Punkt lernst du die entsprechenden Tools in der Masterclass für Feedbackkultur-Architekt:innen.

4. Strategisches Warten oder vorauseilende Kapitulation?

Wenn ihr im Pilot-Team die vorherigen 3 Wege ausgereizt habt, und euer Vorhaben zur Veränderung der Feedbackkultur immer noch keine Fahrt aufnimmt, dann kann es auch sein, dass es schlauer ist, mit konkreten Vorschlägen oder Aktivitäten zu warten.

Idealerweise nutzt ihr diese Wartezeit im Pilot-Team um das Vorgehen zu verfeinern und euch selbst mit mehr Fähigkeiten zu versorgen, zum Beispiel indem ihr gemeinsam die Masterclass für Feedbackkultur-Architekt:innen durch arbeitet. Dann seid ihr deutlich effektiver, sobald der Zeitpunkt für konkrete Umsetzungsschritte kommt.

Wichtig ist, dass ihr die vorherigen 3 Wege wirklich ausprobiert. Sonst ist die Gefahr groß, dass ihr einfach aufgrund vorauseilender Kapitulation den Mustern eurer Organisation gegenüber agiert.

***

Kurz zusammengefasst, um die Gaspedale stärker als die Bremspedale werden zu lassen:

  1. Such dir ein Pilot-Team und arbeitet gemeinsam den Mini-Kurs durch.
  2. Macht eure impliziten Annahmen zum Veränderungsvorgehen explizit und hinterfragt sie.
  3. Übt gemeinsam ein Messaging, das Widerstände proaktiv einbezieht.
  4. Und wenn das alles erstmal keine Früchte tragt: Bereitet euch proaktiv auf den Moment vor, wo sich der Möglichkeitenraum wieder öffnet.

Und falls ihr zwischendurch nicht weiter wisst oder zusätzliche Ideen aus unserer Beratungserfahrung möchtet: Komm zum nächsten Feedbackkultur Deep Dive und Q&A Call. Link zur Anmeldung bekommst du, sobald du den Mini-Kurs fertig durchgearbeitet hast.

Es gibt immer einen Weg.

Auf Happy High Performance Feedbackkulturen soweit das Auge reicht!

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