“Selbstorganisation muss reale Probleme lösen!”
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Wir sind 2015 angetreten, um die Zukunft der Arbeit neu zu gestalten. Ein essenzieller Baustein dieser Zukunft sind neue Modelle der Zusammenarbeit und Führung - im Kontrast zur bislang dominanten Management-Hierarchie. Rollenbasierte Selbstorganisation basiert auf Prinzipien wie Transparenz, Augenhöhe aller Beteiligten und ständiger Weiterentwicklung. Welche Herausforderungen beschäftigen Menschen aktuell in solchen Organisationsmodellen? Wie entsteht ein lebendiger operativer Raum, basierend auf klaren Strukturen, eine tiefe zwischenmenschliche Verbindung und damit eine wirklich wirkungsvolle Zusammenarbeit? Und: Wie sieht Leadership in der Selbstorganisation aus? Einblicke aus der Praxis, basierend auf den vier Räumen einer Organisation:
Im strukturellen Raum wird oft beobachtet, dass Beschreibung von Rollen über-detailliert ausformuliert werden, um alle etwaigen Eventualitäten abzusichern. Die Herausforderung besteht aber tatsächlich in der Frage: Wie wollen wir hier zusammenarbeiten, um den Purpose des Kreises zu realisieren, UND weiterhin Erwartungen in Rollen zu klären?
Der operative Raum besteht aus viel mehr als nur Sync Meetings: Hier geht es ganz konkret um die bewusste, aktive Gestaltung der täglichen Zusammenarbeit von Rollen. Statt der Vereinzelung in Rollen ist die Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel essenziell. Gemeinsam statt einsam! Inspiriert von agilen Vorgehensmodellen wird Klarheit darüber geschaffen, wie eingehende Arbeit abgebildet, priorisiert und gemeinsam bewältigt wird. Dabei helfen Kennzahlen, die den Erfolg des gesamten Kreises messen und nicht nur den individuellen Erfolg.
Rollenbasierte Selbstorganisation braucht klare Ausrichtung. Hier stehen Vision, Strategie, Priorisierung und klare Kennzahlen für den Kreis im Mittelpunkt.
Es braucht ein breit gefächertes Repertoire an Arbeitsformaten, um in Kleingruppen effektiv wirksam zu werden - von agilen Vorgehensmodellen über Write Sprints bis hin zu Kreativmethoden wie Design Thinking.
Im zwischenmenschlichen Raum ist “psychologische Sicherheit” der Game Changer. Die Google's "Project Aristotle" liefert Erkenntnisse darüber, was Teams benötigen, um Höchstleistungen zu erbringen - zum Beispiel, sagen zu können, was man denkt, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Konflikte und Spannungen werden nicht nur in Governance- und Tactical-Meetings gelöst, sondern durch Retrospektiven zur zwischenmenschlichen Zusammenarbeit, Methoden wie "Clear the Air" und Feedback.
Der individuelle Raum macht deutlich, dass "New Work" auch "Inner Work" erfordert (Buchtipp: New Work needs Inner Work von Joana Breidenbach & Bettina Rollow). In einer selbstorganisierten Struktur werden Hierarchien durchbrochen, was die eigenen blinden Flecken deutlicher hervortreten lässt.
Am Ende gilt: Selbstorganisation muss reale Probleme lösen und stets den “Business Need” im Blick behalten. In Transformationsprozessen kann es passieren, dass die Beschäftigung mit dem Innen viel Raum einnehmen, zB die vier Räumen, Rollenbeschreibungen und Sync-Meetings. Organisationen sind aber tatsächlich mit realen Business-Problemen konfrontiert, und darauf sollte Selbstorganisation eine Antwort sein. Neue Arbeitsmodelle sind kein Selbstzweck.
Wie gelingt Führungsarbeit in der Selbstorganisation?
Selbstorganisation braucht mehr Führung, nicht weniger! Führungsarbeit in der Selbstorganisation unterscheidet sich von traditionellem Denken in Führungskräften und wird an vielen verschiedenen Stellen benötigt - wo früher alles in einer Führungskraft gebündelt war, wird heute Führungsarbeit auf vielen Schultern verteilt. “Die Führungsstruktur muss mitziehen!”
Danke an alle ExpertInnen & EnthusiastInnen, die ihre Erfahrungen beim Meetup “Selbstorganisation in der Praxis” Anfang 2024 geteilt haben: Menschen aus den unterschiedlichsten Organisationen und Branchen, vom Tech-Start-Up bis zur Metallindustrie, mit 50 bis 2.800 MitarbeiterInnen. Der Austausch hat wieder deutlich gezeigt, dass Selbstorganisation mehr ist als nur ein Framework – sie ist ein Paradigmenwechsel, der alle Ebenen der Zusammenarbeit und Führung durchdringt. Der Weg zu erfolgreicher Selbstorganisation erfordert ein tieferes Verständnis und Engagement auf allen relevanten Ebenen der Organisation. Weitere spannende Themen im Backlog sind:
- Strategieprozesse in der Selbstorganisation
- Interzirkuläre Kommunikation
- Kreis-Gesundheit: Woran erkenne/messe ich sie?
- Good Practices für Kreis-BotschafterInnen
Was beschäftigt dich zum Thema Selbstorganisation?
Wir freuen uns über ein Gespräch:
Anna Wohlesser
a.wohlesser [at] dwarfsandgiants.org (a[dot]wohlesser[at]dwarfsandgiants[dot]org)
Björn Rabethge
b.rabethge [at] dwarfsandgiants.org (b[dot]rabethge[at]dwarfsandgiants[dot]org)
Selbstorganisation: Keine Angst vor Spannungen
Selbstorganisation: Keine Angst vor Spannungen
next:pedition 1 (c) Nina Capri
Wir begleiten Organisationen auf ihrem Weg ins next:land und stoßen dabei tiefgreifende Transformationen an. Gemeinsam hinterfragen wir alte Strukturen, schaffen neue Kulturmuster und überwinden eine Menge Hindernisse. Stets mit viel Respekt gegenüber allem, was bis hierher hilfreich war: “Wer das Alte nicht ehrt, ist das Neue nicht wert”. Das hört sich mühsam an? Ja, Veränderung braucht Mut, Geduld und einen langen Atem. Doch es lohnt sich! Das wissen wir so genau, weil wir als Organisation ebenfalls diesen Weg gehen. Wir verstehen uns als Labor und experimentieren tagtäglich selbst damit, die Zukunft der Arbeit neu zu schreiben. Damit Autonomie und Selbstbestimmung auch in der Zusammenarbeit gut funktionieren, braucht es nicht nur glasklare Strukturen und funktionale operative Prozesse, sondern auch viel Raum für zwischenmenschliche Klärung und individuelle Reflektion. Wie diese vier Aspekte in der Praxis aussehen, beschreibt Anna an einem ganz konkreten Beispiel: Der Entwicklung unserer monatlichen, internen Organisations-Treffen.
Um einen leichteren Überblick zu erhalten, stützen wir uns auf die „Language of Spaces“ – ein von Christiane Seuhs-Schöller entwickeltes Konzept. Hier kurz zusammengefasst die vier “Räume” einer Organisation:
Wie wir unsere Organisation strukturieren, Rollen definieren, Autorität verteilen und unsere Abläufe entwickeln.
Wie wir bei unserer täglichen Arbeit interagieren, welche Rollen wir ausfüllen, welche Prioritäten wir setzen, welchen Inhalt unsere Arbeit hat.
Unsere Beziehungen von Mensch zu Mensch innerhalb und außerhalb der Arbeit, unsere Gruppendynamik und sozialen Muster. Formate wie der Clear the Air Ansatz oder extern moderierte Supervision ermöglichen das strukturierte Bearbeiten von Themen und erhöhen die psychologische Sicherheit im Team.
Die Arbeit und die Prioritäten jedes Einzelnen, seine/ihre Fähigkeiten, Stärken, Schwächen; der individuelle Lebens-Purpose der Einzelnen und wie sie die verschiedenen Lebenbereiche ausbalancieren und integrieren; sowie wie die Organisation die persönliche und berufliche Entwicklung unterstützt.
Diese Räume (und ihre jeweiligen Probleme) sind in einer Organisation meist nicht isoliert, sondern überlappen sich. Das wirklich Knifflige daran: Die Räume sind da, ob man sie bespielt oder nicht, und was wir in ihnen nicht lösen, stört unterschwellig unsere (Zusammen-)Arbeit.
“Keep calm and mention your tension”
Wenn ich also beispielsweise das Gefühl habe, eine Kollegin blockiert mein Projekt, dann macht es einen großen Unterschied, ob ich mich gerade missverstanden fühle (zwischenmenschlich) oder wir uns bei einer Aufgabe gegenseitig im Weg sind, weil sich unsere Rollen im Unternehmen überschneiden (strukturell). Vielleicht warte ich auf Unterlagen von ihr, die sie mir gerade nicht liefern kann (operativ) oder aber meine alte Angewohnheit, Probleme in mich hineinzufressen, hindert mich an einem konstruktiven Dialog (individuell). Für jeden dieser Räume gibt es in einen eigenen Lösungsweg.
Werden aber alle vier Räume vermischt, „menschelt“ es oft auf einmal gewaltig mitten im Operativen oder Strukturellen, was Projekte unnötig verkompliziert, in die Länge zieht und Frust auslöst. Wo man sich auch die Fragen stellen muss: Wie viel kosten eigentlich ungeklärte Konflikte unsere Organisation?
Damit wir als Organisationsmitglieder von dG individuell unsere Tätigkeiten und Prioritäten steuern (Autonomie) und dennoch konstruktiv an gemeinsamen Themen arbeiten können (Kollaboration), haben wir mit an unseren monatlichen Organisations-Treffen namens “Harbor Days” eine Meeting-Kultur geschaffen, in der in der wir regelmäßig persönlich zusammenkommen und alle Räume ihren Platz finden. Bis diese internen Tagen zu dem wurden, was sie heute sind, war es ein langer und lehrreicher Prozess. Anna Wohlesser hat von 2018 bis 2022 die Rolle @Master of Ceremony gefüllt, die diese Tage gestaltet. Sie berichtet hier über ihre Erfahrungen in den vier Räumen an diesem konkreten Beispiel aus unserem Alltag in der Selbstorganisation.
Heute: Unsere Hafentage in Wien
Unsere beratenden Rollen sind die meiste Zeit unterwegs, um KundInnen im Rahmen von Transformationsprojekten auf ihrer Reise ins next:land zu unterstützen. Etwa einmal im Monat treffen wir uns in unserem Wiener Büro beim Harbor Day zur Synchronisation: Die “Schiffe” kommen zurück in den Hafen, um anzudocken, sich auszutauschen, neue Routen festzulegen und natürlich um gemeinsam um einen großen Esstisch zu sitzen und zu genießen. Oft bringt auch jemand selbstgebackenen Kuchen mit…
An diesen Harbor Days kommen Themen wie Status-Updates von Projekten, Planung und Steuerung unserer Ressourcen oder der monatliche Finanzbericht auf den Tisch. Zusätzlich gibt es auch die Möglichkeit von kurzen Ad-hoc-Meetings. Denn der Purpose dieser Harbor Days lautet:
dwarfs and Giants is well synced and focused to do its work
Purpose unserer Harbor Days
Besonders am Herzen liegt uns in diesem Rahmen der so genannte “Focus Board Prozess” für die Planung und Steuerung unserer Ressourcen. Warum? In einer rollenbasierten Selbstorganisation kann jedes Mitglied strategische Initiativen starten. Allerdings haben wir als Unternehmen natürlich nur begrenzte organisatorische Ressourcen und können nicht immer sofort jede Idee umsetzen. Im Focus Board Prozess kann jede/r erklären, wie genau ihre/seine Initiative den Purpose voranbringt und holt sich die Priorisierung der Ressourcen der Organisation. Gibt es einen Prioritätenkonflikt zwischen PartnerInnen, hat die Rolle “@Circle Lead” die Autorität, über die Prioritäten im jeweiligen Kreis zu entscheiden. Mehr dazu auch im Artikel „Death by Too Many Great Ideas“ (nur in Englisch verfügbar).
Klingt gut, ist es auch. Doch das war nicht immer so…
Labor in Theorie & Praxis
Wir verbringen insgesamt rund 30 gemeinsame Tage pro Jahr, von den monatlichen Harbor Days über Strategie-Klausuren bis zu Praxisgruppen oder “Creathons” für die Produktentwicklung. Zum Vergleich: Andere Beratungsfirmen haben ca. 15-20 interne Tage im Jahr. Wir leisten uns das ganz bewusst, weil wir eine bestimmte Zeit miteinander brauchen, um überhaupt eine Organisation und damit ein Labor sein zu können - nicht nur eine lose Verbindung von Menschen, die zufällig am gleichen Purpose arbeiten. Wir erwarten von BeraterInnen, dass sie interne Rollen füllen, erleben, was holokratisches Arbeiten bedeutet, eine Ahnung bekommen von den Spannungen, die entstehen, wenn man z.B. den Clear the Air Ansatz einführt, etc. Gleichzeitig erzeugt dieses Commitment zum Lab auch einen Druck zwischen verkaufbaren Tagen (Purpose realisieren, Geld verdienen) und dem Anspruch, ein Lab zu sein (Selbsterfahrung, Weiterentwicklung).
Ringen um gemeinsame Zeit
Als Anna Anfang 2018 die Gestaltung und Entwicklung der Harbor Days übernimmt, bestehen diese Tage ausschließlich aus Sync-Meetings. Das hat weder dem Bedürfnis nach “Wholesomeness” entsprochen (unserer Organisation als einem lebendigen, gesunden, inspirierenden Ort) noch haben diese fragmentierten Meetings geholfen, einen guten Gesamtüberblick zu erhalten. Dazu kommt ein massiver Clinch zwischen individueller Priorisierung und Organisations-Priorisierung: Komme ich zu einem Team-Tag nach Wien oder nutze ich diesen Tag anderweitig, zum Beispiel für die Kundenarbeit oder dringliche private Termine? Das Ergebnis, wenn Organisationsmitglieder diese Tage depriorisieren: Ihnen fehlt der gemeinsame (Ein-)Blick, wichtige Inhalte müssen im Nachhinein kommuniziert und die Organisationsmitglieder zu relevanten Themen “aufgegleist” werden. Die Strategie, diesen Mitgliedern als “Bad Cop” auf die Finger zu klopfen und Anwesenheit einzufordern, ist nervenaufreibend, energieraubend und belastet die zwischenmenschlichen Beziehungen.
Also wurden Experimente gestartet, um gemeinsamen “Common Ground”, also ein gemeinsames Bild zu entwickeln zu Fragen wie:
- Was wollen wir an diesen internen Tagen? Was muss hier stattfinden? Was KANN nur an diesen Tagen stattfinden? (Stichwort: Priorisierung, Ressourcensteuerung, Beziehungspflege)
- Wie priorisiere wir, WAS an diesen Tagen stattfinden soll? (Es gab und gibt immer viel mehr Vorschläge als Zeit - also ein deutliches Bedürfnis nach kollektiver Aufmerksamkeit für viele Themen…)
- Welches Format ist hilfreich um inhaltliche Unsicherheit und strukturelle Sicherheit zu ermöglichen?
Aus diesen Spannungen sind in den eingangs beschriebenen vier Räumen folgende Schritte entstanden:
STRUKTURELL
- Rollenklarheit: Die Rolle “Master of Ceremony” hält und gestaltet die internen Tage. Sie wird mittlerweile immer co-gefüllt von einer internen und einer beratenden Person. Optional kann dazu ein Sparring mit dem @Circle Lead unseres Gesamt-Kreises stattfinden. Support-Rollen kümmern sich im Rotationsprinzip um Verpflegung, Lunch, Check-In, schöne Räumlichkeiten & Co. Regelmäßige Wechsel der RollenfüllerInnen bringt möglichst viele Menschen in die Verantwortung für “Tribe-Themen” unserer Organisation.
- Verantwortung für Abwesenheiten: Wurde klar definiert in einer Policy und wird auch immer klarer eingefordert, zuletzt wieder als Thema in einer Supervision im Juni 2022 - die Themen bleiben also aktuell!
- “Focus or Die”: klare Gesamt-Priorisierung der Organisation, aus der auch die Agenda der internen Tage abgeleitet wird. Was ist denn das worauf wir fokussieren, und worauf NICHT? Vor allem die Gestaltung der “Harbor Days”, da die Inhalte anderer Tage klar vorgegeben sind (z.B. Widmung für die Entwicklung von Beratungsprodukten). Mehr dazu im Artikel „Death by Too Many Great Ideas“
OPERATIV
- Jahrestermine werden frühzeitig fixiert von der Rolle @Focused Collective Attention. Die Jahresplanung 2023 wurde beispielsweise bereits im Q1 2022 entworfen, Feedback eingeholt und fixiert inkl. Kalendereinladungen.
- Agenda interner Tage wird früh genug bekannt gegegeben. Die Zeitstruktur ist immer gleich, einige Blöcke sind immer nach dem gleichen Bauplan, zB “Company Updates”. Stabilität in der Struktur hilft, mit der Unsicherheit der Inhalte umgehen zu können.
- Inhalte: Sind klar am Focus-Prozess (siehe Artikel oben) orientiert, damit ist auch die Priorisierung nachvollziehbar, und relevant für die Gesamt-Organisation (keine Kunden-Termine).
- Atmosphäre: Warm, welcoming, verbindend - entsprechende Rollen kümmern sich um Check-Ins, Mittagessen, etc.
RELATIONAL
- Haltung ändern: Statt ein “Bad Cop” zu sein, die Tage lieber so gestalten, dass Menschen gerne kommen (Pull statt Push), und sich klarer zu entspannen wenn Menschen trotzdem nicht kommen: “Whoever is there are the right people.”
- Erwartungen explizit machen: “Clear is kind, unclear is unkind.” (Brene Brown)
- Aufmerksamkeit der Organisation generieren, indem Themen in der Supervision oder unseren Clear the Air Team-Meetings transparent gemacht werden
- Persönliche Gespräche führen (bilateral) mit Menschen, die beobachtbar mehrmals die internen Tage individuell depriorisieren, um einander besser zu verstehen. Dafür braucht es kontextreiche Kommunikation und neugieriges Nachfragen, denn es gibt immer gute Gründe, wenn interne Tage individuell “rausfallen”.
INDIVIDUELL
- Development Compass für RollenfüllerInnen, um Spannungen zu sortieren
- Trusted System: Es wird von jedem Organisationsmitglied erwartet, ein System zu führen, in dem Projekte organisiert und individuelle Prioritäten jederzeit transparent gemacht werden können.
- Verantwortung: Reflektion über persönlichen Umgang mit Verantwortung (zu viel Verantwortung übernehmen) und Verantwortung(en) wieder in die Organisation abgeben, z.B. mit strukturellen Hebeln
Jeder Versuch eines Einzelnen, für sich zu lösen, was alle angeht, muss scheitern.
Friedrich Dürrenmatt
Fazit: Wenn Arbeit nicht über die klassische Management-Hierarchie organisiert ist, braucht man Zeit und Formate für die vier Räume. Nur Formate stellen sicher, dass das auch regelmäßig passiert. Meetings für alle 4 Räume zur “Spannungsbearbeitung” müssen in den Autopilot übergehen und aus einem Guss gesteuert werden. Wir brauchen all diese Lernerfahrungen, weil wir erforschen, wie neue Organisationen funktionieren. Also leben wir unsere Bauprinzipien, um unsere Arbeit gut zu machen.
In iteration we trust!
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Mythen der Selbstorganisation - Video Gerald
Die 3 größten Mythen über Selbstorganisation
Wir alle – außerhalb von Organisationen – gestalten unser Leben, bauen Häuser, kaufen Wohnungen, planen Urlaube oder setzen große private Projekte um. Für all diese Entscheidungen übernehmen wir die volle Verantwortung und wollen das auch. Die Annahme, dass dieselben Menschen durch die Tür von Organisationen gehen und plötzlich keine Verantwortung mehr wollen, ist irgendwie absurd.
Ehrlicherweise ist das trotzdem häufig die Realität in Organisationen: Menschen greifen nicht hin, drücken sich vor Verantwortung, suchen die Schuld für gescheiterte Projekte bei anderen.
Scheinbar haben wir in vielen Organisationen ein Umfeld geschaffen, das dazu führt, dass Menschen nicht unbedingt ermutigt sind Verantwortung zu übernehmen: Vielleicht habe ich Angst, Fehler zu machen, weil ich mich schon ein paar Male rechtfertigen musste und mir das sehr unangenehm war – jetzt greif' ich lieber gar nicht hin, bevor ich wieder bloßgestellt werde. Oder ich bin unsicher, ob etwas erlaubt oder gewünscht ist und im Zweifelsfall ist es sicherer, abzuwarten. Oder mich beschäftigt was andere dazu denken und ob es für alle ok ist, wenn ich da jetzt hin greifen und Verantwortung und damit Führung übernehme.
Wie unterstützt rollenbasiertes Arbeiten bei der Übernahme von Verantwortung? Die Antwort dazu findest du im Video mit Gerald:
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Manifesto - Prinzipien der Selbstorganisation
Manifesto:
Die 5 Prinzipien der Selbstorganisation
Der Purpose von dwarfs and Giants ist es, die Zukunft des Organisierens neu zu schreiben. Was bedeutet das und warum ist uns das so wichtig?
Wir leben in einer Welt des permanenten Wandels; Veränderungen geschehen mit nie dagewesener Schnelligkeit und in bisher unvorstellbarem Ausmaß. Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, kommen immer mehr Organisationen an die Grenze ihrer bisherigen Art zu arbeiten und sich zu organisieren. Führungs- und Arbeitskräfte sowie die Gesellschaft als Ganzes sehen sich realen Spannungen gegenüber, und ihr Verhältnis zueinander verliert an Sinngehalt und Glaubwürdigkeit. Orientierung, Funktionalität und die Fähigkeit, sich einer immer dynamischeren, komplexeren und unvorhersehbareren Welt anzupassen, geraten ins Schwanken.
Um dies radikal zu ändern, gibt es dwarfs and Giants. Wir sind der Meinung, dass die Zukunft von Arbeit und Organisation nicht auf den Prinzipien der Vergangenheit gebaut werden kann. Daher müssen wir die grundlegenden Vorstellungen unserer Führungs-, Organisations- und Arbeitsweise neu konzipieren.
Es kann ganz schön überfordernd sein, zu versuchen, die „richtige“ New Work-Methode zu finden. Deshalb haben wir für einen besseren Überblick 2016 die next:land map entwickelt. Diese Karte wurde anschließend im Harvard Business Manager veröffentlicht. Sie wird heute noch von verschiedensten Organisationen verwendet, um sich Orientierung im New-Work-Dschungel zu verschaffen.
Vom now:land ins next:land des Organisierens
Heutzutage arbeiten die meisten Organisationen in dem, was wir now:land des Organisierens nennen – unter dem Paradigma von Standardisierung, Effizienz und stetigem Wachstum. Sie werden beherrscht von Grundsätzen wie Maximierung des Shareholder-Values, hierarchische Machtstrukturen, Vorhersage und Kontrolle, Abhängigkeit und Wettbewerb sowie Wissen als Macht. Obwohl dies in den vergangenen 100 Jahren zu gewaltigen Fortschritten geführt hat, sehen sich Organisationen, die im now:land operieren, mehr denn je mit wachsenden Spannungen auf individueller, organisatorischer und sozialer Ebene konfrontiert, die mit den bisherigen Organisationsprinzipien nicht zu lösen sind.
Auf der individuellen Ebene erleben wir frustrierte und desinteressierte Menschen, die keinen Sinn mehr in ihrer Arbeit sehen. In ihrem Arbeitsumfeld stehen sie vor der Herausforderung, eine immer größer werdende Informationsflut in Strukturen verarbeiten zu müssen, die nicht für große Komplexität konzipiert worden sind. Dies führt zu Dienst nach Vorschrift und zum Anstieg von Burnout-Erkrankungen – abseits eines erfüllten Lebens, in dem man sein Potential voll ausschöpfen kann.
Auf der organisationalen Ebene verstärken hierarchische Machtstrukturen Ego-gesteuertes Verhalten und bilden den Nährboden für Machtdynamiken, Ego-Spielchen und Mikropolitik. Dies führt zu einem Gefühl der Hilflosigkeit, zu Willkür und verletzten Beziehungen. Gleichzeitig wird das Management zum Nadelöhr, in dem einige wenige Personen über viele entscheiden, was langsame Entscheidungsfindung, mangelnde Innovationsfreudigkeit und Stagnation bei der Suche nach den richtigen Strategien zur Folge hat. Eine kurzsichtige Führungsebene konzentriert sich auf die Maximierung des Shareholder-Values und zeigt zu wenig Ausrichtung auf den Purpose, den Seinszweck der Organisation. In Bezug auf die sich drastisch ändernden äußeren Bedingungen kann dies nur in die falsche Richtung führen: zu wachsender Ungleichheit, einer immer weiter auseinander klaffenden Einkommensschere, gesellschaftlicher Instabilität und alarmierenden Systemrisiken. Schmerzhafte Veränderungsprozesse werden durchgeführt, um das Problem zu lösen – doch sie haben in der Regel wenig Erfolg, da sie nicht das Wesentliche bei der Frage, wie Macht organisiert ist, berühren.
Wir sind davon überzeugt, dass es keineswegs ausreicht, immer größere Anstrengungen innerhalb der alten Strukturen zu unternehmen, sondern dass die Grundprinzipien von Arbeit, Führung und Organisation geändert werden müssen. Wir bezeichnen dies als Schritt ins next:land of organizing, einem Land, das auf fundamental anderen Prinzipien basiert – Prinzipien, die besser geeignet sind, Organisationen und Menschen unter dynamisch-komplexen Verhältnissen zum Erfolg zu führen.
Grundprinzipien des next:land
Wir glauben, dass in einem Land, in dem Organisationen und Menschen von einem Purpose geleitet sind, Autorität distribuiert wird, Organisationen sich kontinuierlich mittels evolutionärem Lernen anpassen, Autonomie in der Zusammenarbeit zum Erfolg führt und Informationsaustausch transparent geschieht. Der Schritt ins next:land bedeutet, dass die folgenden fünf grundlegenden Eigenschaften in die organisatorischen Abläufe integriert werden sollten.
Von einem Purpose geleitet
Organisationen im next:land, die von einem Purpose geleiteten sind, erzeugen Orientierung und Ausrichtung, indem sie nach innen schauen. Was soll in eine hochkomplexe und unvorhersehbare Außenwelt gebracht werden? Eindeutigkeit und Klarheit in dieser Frage schaffen ein starkes sinnstiftendes Gemeinschaftsgefühl, das auch KundInnen und Talente anlockt. Den Purpose organisatorisch zu erfüllen, ist ein Schritt von Push zu Pull. Erfolg und Shareholder-Value werden zu Nebenprodukten bei der Umsetzung des Purpose, der sich über den Lebensweg der Organisation entfalten kann.
Verteilte Autorität
Organisationen im next:land sind im Hinblick auf Reaktionsbereitschaft konzipiert, um vielschichtige unternehmerische Herausforderungen unter sich ständig ändernden äußeren Bedingungen zu meistern. Verfahren der Entscheidungsfindung sind so konzipiert, dass unterschiedliche Perspektiven integriert und Machtkompetenzen dorthin verteilt werden, wo das beste Know-how und die fähigsten Entscheidungsträger anzutreffen sind. Hierarchien entstehen auf natürliche Weise durch die Hierarchie des Purpose.
Evolutionäres Lernen
Organisationen im next:land sind so gestaltet, dass sie sich fortschreitend schnell anpassen. Zu fühlen, was notwendig ist, und schnell darauf zu reagieren, ist in all ihren Strukturen und Prozessen verankert. Statt auf einer einzigen, vermeintlich richtigen Antwort oder Entscheidung zu beharren, sind sie auf kontinuierliches Lernen ausgerichtet – und sogar Misserfolge werden als wertvoller Teil des Spiels angesehen.
Autonomie in der Zusammenarbeit
Organisationen im next:land wissen die Einzigartigkeit eines jeden Menschen und seine unterschiedlichen Talente und Potentiale erfolgreich zu nutzen. Statt Abhängigkeiten mittels personenbezogener Machtstrukturen zu erzeugen, interagieren Menschen als unabhängige Akteure auf Augenhöhe und arbeiten mit hoher Eigenständigkeit und Eigenverantwortung zusammen. Klare Rollen und Befugnisse ermöglichen Autonomie und Unternehmergeist, während man an einem größeren Ganzen beteiligt ist.
Transparenz
Organisationen im next:land erzeugen transparente Umgebungen, sodass jeder einzelne darauf vertrauen kann, dass die angestrebten Resultate allen Beteiligten wirklich wichtig sind. Dies ermöglicht es dem Einzelnen, den Purpose der Organisation bestmöglich zum Ausdruck zu bringen. Organisationen im next:land fördern mittels Transparenz einen schnelleren Informationsfluss und schaffen somit eine Basis für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, da Know-how nicht mehr gleichbedeutend ist mit individueller Macht. Die Folge ist ein hohes Maß an Vertrauen.