Grüner Energieanbieter

Wir wollen das Next Level der Selbstorganisation erreichen.

Von agilen Units bis zu crossfunktionalen End-to-End Teams: Der grüne Energie-Anbieter eprimo hat in den vergangenen Jahren eine steile Change-Kurve hingelegt.

Einblicke in ein „unendliche Geschichte“ in mehreren Phasen – mit offenem Ende. 

Was sind die Kernanliegen eurer Arbeit?

Wir sind eprimo, der Energiewendemacher. Als Deutschlands grüner Energiediscounter sind wir kundenstärkster Anbieter für Ökostrom und Ökogas und bringen die Energiewende in über 1,7 Millionen Haushalte. Der Purpose unseres Unternehmens lautet: „Wir schaffen eine lebenswerte Zukunft durch grüne Energie für alle: individuell, einfach und günstig.” Diesen Auftrag leben wir wirklich nach innen und nach außen. Das Thema Transformation und Veränderung erleben wir als dauerhaften Prozess. Dementsprechend flexibel und anpassungsfähig sind wir. Durch neue Produkte wollen wir die Energiewende vorantreiben und sind daher wirklich auf iterative Vorgehensweisen eingestimmt. Ich würde unsere Organisation als menschlich, fröhlich, grün und veränderungsfreudig beschreiben.

Ivana Federmeyer eprimo
  • Name: Ivana Federmeyer
  • Rolle: Change Managerin (Transformationsmaster, Agile Master im Leadership Team, Product Owner) bei der eprimo GmbH

Unsere Organisation gehört uns allen – das ist ein völlig neues Verständnis. Hier gibt es keine ZuschauerInnen. Wir müssten uns wirklich anstrengen, wenn wir nicht mitgestalten wollten.

Was war das Anliegen des Veränderungsprozesses – in einem Satz? 

„Das Dach decken, solange die Sonne scheint“ – das war unser Leitsatz. Wir wollten innovativer, effizienter und schneller werden. Schon am Start der Transformation lief unser Geschäftsmodell super. Wir waren etabliert und wollten das auch auf nachhaltige Beine stellen. Wir sind jetzt für die großen Veränderungen und Disruptionen schon wesentlich besser gerüstet als am Start der Reise.

Ivana, next:pedition 2017 (c) niekreatywny.pl / dwarfs and Giants

Ivana, next:pedition 2017 (c) niekreatywny.pl / dwarfs and Giants

Welche Rolle hat dwarfs and Giants in der Transformation eingenommen?

dwarfs and Giants war für uns Wissensvermittler, Perspektivengeber, Ideengeber und auch auf persönlicher Ebene oft eine Stütze. Dank dwarfs and Giants haben wir eine Bandbreite an Wissen bekommen (systemische Organisationsentwicklung, agile Fachkompetenz usw.) und trotzdem immer die Prozesshoheit behalten. Ich hatte nie das Gefühl, dass wir unsere Herausforderungen ohne Beratung nicht meistern könnten, aber immer, dass es einen Mehrwert bringt, mit ihnen zu arbeiten.

Zurzeit arbeiten wir in intern-extern kombinierten Tandems. Das entwickelt sehr viel Schlagkraft und Wirkung in der Organisation.

Was waren die Phasen des bisherigen Transformationsreise?

Phase 0: Erste Pilotphase im Kundenservice.

Phase 1: Rollout auf eine gesamte agile Unit. Rollenbasiertes Arbeiten, Trennung von disziplinarischer und fachlicher Führung, Team- und Produktzuschnitte wurden geändert. Alles wurde in eine Betriebsvereinbarung gegossen. Bildung eines internen und interdisziplinären Transformationsteams für Umsetzung und Steuerung des Change-Prozesses. 

Seit damals die klassische Change-Kurve: Die Umstellung auf neue Strukturen und Prozesse war für alle eine Herausforderung und eine Lernreise.

Phase 2: Wir haben zwei End-to-End Teams aufgebaut, die crossfunktional aufgestellt sind und auch rollenbasiert arbeiten. Hier haben wir erstmals auch eine Verantwortungsmatrix aufgebaut und klar gezogen, wer welche Kompetenzen hat. Die Teams sind als „Channel-Teams“ designed, das heißt, sie verantworten vom Erstkontakt der KundInnen bis zur Bestandskundenbetreuung alles inklusive Schnittstellen an der Website.

Phase 3: Das Design dieser Phase wurde aus den Erkenntnissen der Vorerfahrungen gespeist. Aus einer Retro-Phase ist klar hervorgegangen, dass wir noch mehr Verantwortung in die Teams geben müssen (Budgets, IT-Entwicklung). Wir wollen das next level der Selbstorganisation erreichen.

Was waren die 2-3 prägnantesten Wendepunkte innerhalb der Transformation?

Der Start von Phase 1, also das Ausrollen der neuen Organisationsform, auf persönlicher und organisationaler Ebene: Die Gründung des Transformationsteams und die Erfolge, die wir gefeiert haben, waren eine große Bestätigung. Wir haben Veränderungen angestoßen, die sich in vielen Bereichen der Organisation vollziehen – weit über unseren direkten Einflussbereich hinaus. Mit dem Transformationsteam können wir die volle Wirkung in der Organisation entfalten.

Der Entschluss, mehr Menschen für das Thema Führung zu begeistern, war wirklich wichtig. Führungstätigkeit als nicht an Personen, sondern an Rollen geknüpft zu verstehen, macht einen echten Unterschied. Wir reden mit der Geschäftsführung auf Augenhöhe und entwickeln unser Führungsverständnis gemeinsam. Das ist schon sehr begeisternd und ein deutlicher Unterschied zum Beginn der Reise.

Was war das größte Highlight für dich?

Unser letztes Leadership-Offsite war richtig grandios. Uns sind großartige Dialoge rund um das Thema „Führung @ eprimo“ gelungen. Wir haben gemeinsam Führungsprinzipien entwickelt und hatten das Gefühl, dass Großes entsteht bei eprimo, wenn wir die Räume dafür aufmachen.

Nach Abschluss von Phase 2 hatten wir eine große Retrospektive mit allen Schnittstellen und Rollen, die involviert waren. Das Feedback dort war wunderschön. Zu hören, wie die neuen Teams von außen und von innen gesehen wurden, hat gezeigt, dass sich die Transformationsreise auszahlt. Plus: Das Produkt, das dort entwickelt wurde, war richtig gut.

Das next:eprimo-Programm, das dwarfs and Giants mit uns entwickelt hat, war wirklich toll. Da ist Wissenstransfer und Lernen für die TeilnehmerInnen wirklich gut gelungen. Ich war bei der Endpräsentation dabei und habe richtig gespürt, wie viel Freude und Begeisterung die TeilnehmerInnen entwickelt haben.

Was war richtig anstrengend zwischendurch und wie habt ihr die Situation gemeistert?

Die größte Anstrengung war sicherlich zu Beginn, als es darum ging, sowohl neue Strukturen als auch neue Prozesse und Rollen einzuführen und diese zu leben. Sich aus dieser Situation mit Hilfe eines Backlogs rauszuziehen und ein Arbeitspaket nach dem anderen abzuarbeiten, war wirklich hart an manchen Stellen. Egal wo wir anfingen, wir haben schnell bemerkt, dass alle Themen miteinander zu tun haben: Produktschnittstellen, klare Zuständigkeiten, Kompetenzentwicklung – überall mussten wir neu denken. Wir haben das gelöst, indem wir einen Schritt nach dem anderen gemacht haben.

Wie würdest du beschreiben, was sich verändert hat? 

Wir sehen die Organisation als Produkt und das fühlt sich so an, als würden wir alle gemeinsam an diesem Produkt mitgestalten. Unsere Organisation gehört uns allen – das ist ein völlig neues Verständnis. Hier gibt es keine ZuschauerInnen. Wir müssten uns wirklich anstrengen, wenn wir nicht mitgestalten wollten.

Auch unsere Kommunikation untereinander ist besser geworden. Die Hürden zwischen den Departments sind aufgebrochen. Alle arbeiten mit allen zusammen, wo notwendig, und wir sind ein Team aus 170 Personen geworden. Das hat Mitarbeit von allen Seiten gebraucht und ist wirklich großartig.

Die Rolle „Agile Master“ ist inzwischen aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken.

Was ist ein konkretes Alltagserlebnis, das symbolhaft dafür steht?

Check-Ins waren zu Beginn der Reise Folter für uns. Wenn ich das heute mal vergesse, fragen Teams aktiv danach, weil wir es ritualisiert haben, aufeinander zu schauen und aufeinander acht zu geben.

Welche Lernerfahrungen haben dich in deiner Rolle als Change-Managerin unterstützt?

Bei all den Herausforderungen, die so ein Change mit sich bringt, ist viel „Learning by Doing“. Aber ich war auch TeilnehmerIn beim ersten Lernlabor next:pedition 2017, was mir ein gutes Rüstzeug für den Prozess mitgegeben hat. Einerseits was mich als Mensch betrifft, mich als Ivana wahrzunehmen in einem sich verändernden System. Aber auch ich als Organisationsmitglied, als Handelnde im Veränderungsprozess. Andererseits die verschiedenen Formate, Arbeitsunterlagen, Hypothesenarbeit etc., die ich bis heute anwende. Die next:land-Prinzipien haben wir intensiv erarbeitet und für eprimo übernommen. Sie sind der Anker, der die Grundlage für alle internen Programme bildet.

Last but not least war natürlich die Gruppe an sich, die Gemeinschaft an Gleichgesinnten, sehr unterstützend, inklusive der Struggles. Ich mochte sehr, dass Spannungen innerhalb der Arbeitsgruppen nicht von außen aufgelöst wurden, sondern man selbst damit zurechtkommen und in die Konflikte reingehen musste. Wir leben ja „da draußen“ auch nicht in einer perfekten Welt mit lauter perfekten Menschen, mit denen man sich immer gut versteht! Das war ganz essentiell, um diesen Aspekt der Selbstorganisation zu lernen. Mit manchen TeilnehmerInnen bin ich heute noch sehr verbunden. Dazu natürlich die tollen Orte und all die inspirierenden Unternehmen, die wir im Rahmen der Learning Journey besucht haben.

Aufzeichung der Lernreise zu verschiedenen Pionier-Organisationen des next:land während Modul 4 der next:pedition, Juni 2018

Wie findet bei euch der Umgang mit solchen „Struggles“ statt, wie du sie erwähnt hast?

Wir merkten – und das war einer der entscheidenden Punkte –, dass wenn sich in einer Transformation die Strukturen schon verändert haben, es höchste Zeit wird, an der Kultur und den zwischenmenschlichen Beziehungen weiterzuarbeiten. Da sind dann solche Formate wie Clear the Air unerlässlich. Wir hatten zur Beziehungsklärung selbst im Transformationsteam ein paar Mal Clear the Air-Meetings, und haben eprimos, die sich als Clear the Air FacilitatorInnen ausbilden lassen, um die Methode breiter ins Unternehmen zu tragen.

Wenn die Transformation ein Film oder Buch wäre – was wäre der Titel?

„Die unendliche Geschichte“ – mit all ihren Facetten: Den fantastischen, den aufregenden, den abenteuerlichen. Die Reise ist wohl nie vorbei!

Was würdest du einer Organisation raten, die sich auf eine solche Reise begibt?

  • Bringt viel Geduld und Resilienz mit.
  • Nicht aufgeben, auch wenn der Impuls stark ist.
  • Die Bereitschaft, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, ist als interne Change-Begleiterin erfolgsentscheidend. Sonst sind wir zu sehr in Resonanz mit dem, was die Organisationsmitglieder gerade an Herausforderungen durchmachen, und können nicht mehr gestalten.
  • Wertschätzung und Verständnis für alle Perspektiven und gewissenhaft den Dialog suchen.
     

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